Wieviel sollte man üben?

Neulich habe ich im Supermarkt um die Ecke am schwarzen Brett folgende Anzeige gesehen:

„Musikunterricht mit Spaß ohne Üben zu müssen.“

Der Unterricht soll also Spaß machen und dafür tun muss man: nichts. Hier wird suggeriert, daß man ohne Anstrengung ein Instrument erlernen kann – und ohne Zeitaufwand, mal von der Unterrichtsstunde abgesehen. Ich finde dieses Angebot verantwortungslos und unseriös, hier braucht wohl jemand dringend neue Schüler und verspricht dafür das Unmögliche.

Natürlich soll es Spaß machen, ein Instrument zu lernen, das ist sogar eine wesentliche Voraussetzung für jeden Lernprozess. Aber ohne Übung? Nicht umsonst sagt der Volksmund: „Übung macht den Meister“. Das gilt auch für den Hobbymusiker.

Konkret heißt das: wer gar nicht übt, oder hin und wieder mal am Wochenende für 15 Minuten, wird keine oder nur sehr geringe Fortschritte machen, auch bei regelmäßigem Unterricht. Deshalb hier ein paar realistische Vorschläge dazu, wieviel man tatsächlich üben sollte, gestaffelt nach verfügbarer Zeit und Ambition.

  1. Der bescheidene Schüler: wer an 3-4 Tagen in der Woche jeweils 15-20 Minuten übt, sollte auf Dauer erkennbare Fortschritte machen, aber auch viel Geduld mitbringen, da die Geschwindigkeit der Entwicklung eher langsam sein wird. Würde ich als Minimum dessen bezeichnen, was wirklich Sinn macht.
  2. Der ambitionierte Schüler: an 4-5 Tagen pro Woche jeweils 30-40 Minuten Übung sollten schon deutliche Fortschritte bringen und das in absehbarer Zeit.
  3. Der ehrgeizige Schüler: wer an 5-6 Tagen pro Woche jeweils 45-60 Minuten – oder auch schon mal mehr – übt, wird sich schneller entwickeln, mehr Fortschritte machen und weiter kommen als die vorgenannten Beispiele.

Das Ganze wird noch von folgenden Fakten modifiziert:

  • Wie man übt und was man übt, anders ausgedrückt: man sollte konzentriert und gezielt üben, erst recht wenn man nicht so viel Zeit investieren kann.
  • Wieviel Zeit überhaupt zur Verfügung steht. Wer beispielsweise schon beruflich mit seinem Vollzeitjob total überlastet ist, wird wahrscheinlich weniger Zeit (und Konzentration) investieren können, als jemand der halbtags arbeitet und viel Freizeit hat. Auch hier gilt: wer mit einem engen Zeitkorsett zurechtkommen muss, sollte möglichst effizient üben.
  • Wieviel Begabung vorhanden ist. Talent ist eine der wesentlichen Voraussetzungen, nicht nur was das Lernen im Allgemeinen und dann speziell das Musizieren, sondern auch, was die Geschwindigkeit der Entwicklung und den Zeitaufwand betrifft.

Kann man auch zuviel üben? Eigentlich nur dann, wenn die Motorik überfordert ist und die entsprechende Kondition (noch) fehlt. Ansonsten ist der Übezeit nach oben hin keine Grenze gesetzt. Es gibt berühmte Virtuosen, die auch schon mal bis zu 12 Stunden täglich üben. Aber das ist natürlich ein Extrembeispiel.

Mein weiterführender Beitrag zum diesem Thema: →Wie und was übt man am besten?