Rhythmus – der „Puls“ in der Musik

Rhythmus gehört in der Musik – neben Melodie und Harmonie – zu den fundamentalen Grundlagen. Besonders in der Rock- und Popmusik, aber auch im Jazz, ist der durchgehende, rhythmische „Puls“ zentral. Deshalb ist es wichtig zu verstehen, was Rhythmus eigentlich ist – damit man ihn sich erarbeiten kann. Im folgenden Beitrag geht es mir hauptsächlich um ein Grundverständnis für das Thema „Rhythmus“: Was ist Rhythmus und wie ensteht er? Wie kann man Rhythmus strukturiert darstellen, notieren, üben? 

Da die häufig auftauchenden Probleme mit Rhythmus und Timing meiner Meinung nach eher mit fehlendem Verständnis – und einer mangelhaften Methodik beim Lernen – als mit einem „Gefühl für Rhythmus“ zu tun haben, gehe ich etwas mehr ins Detail.

INHALT: Der Puls  →Das Metronom  →Töne haben einen Anfangs- und Endpunkt  →Rhythmus in der Notenschrift  →Die Grund-Rhythmen richtig zählen und spielen  →Rhythmusbeispiel im Notensystem notiert  

Der Puls

Dass die meisten Menschen einen durchgehenden Rhythmus als angenehm und motivierend empfinden (wenn er nicht zu monoton ist) und einen chaotischen Rhythmus als nervös und, zumindest auf die Dauer, unangenehm, liegt vielleicht daran, dass wir mit (mehr oder weniger) rhythmischen Impulsen im Alltag konfrontiert sind: der gleichmäßige Herzschlag, regelmäßiges Atmen, rhythmisches Gehen, das Ticken einer Uhr usw. Schon der Begriff „Puls“ wird ja parallel auch für die Frequenz der Druckstöße unseres Blutkreislaufs verwendet. Wenn das Herz nicht mehr „Rund“ läuft spricht man zb. von Herz-Rhythmus-Störungen.

Das bedeutet dann aber auch, dass wir mit rhythmischen Erfahrungen quasi aufgewachsen sind und schnell einen Zugang dazu finden. Bestimmte gleichmäßige Rhythmen fallen daher, wenn man anfängt sich mit der Musik zu beschäftigen, leichter als andere und klingen angenehmer.

Hier einige Soundbeispiele.

1.) Unser fundamentalster körperlicher Rhythmus ist wohl der Herzschlag (auf kleinen Lautsprechern, zb. einem Smartphone, möglicherweise sehr leise):

 

2.) Ebenfalls sehr rhythmisch klingen Schritte auf der Straße, wenn man gleichmäßig geht:

 

3.) Ein Beispiel für einen pulsierenden, groovigen Percussion-Rhythmus, den wohl die meisten Menschen als angenehm empfinden würden:

 

4.) Als Kontrast ein chaotischer „Rhythmus“ mit demselben Percussion-Instrument – ohne durchgehenden Puls:

 

Wenn man Rhythmus verstehen und anwenden möchte, kann man sich das lebenslange Gefühl für einen durchgehenden „Puls“ zunutze machen um das Ganze konkreter in die Tat umzusetzen und nach den Regeln der Musik zu arbeiten. Damit das auch klappt, wurde als Hilfsmittel zum Erarbeiten von Rhythmus in der Musik das sogenannte Metronom erfunden.

Das Metronom

Wenn man Rhythmus lernen will, fängt man am besten damit an, Töne zum Metronom zu spielen um ein Verständnis und Gefühl für gleichmäßigen Rhythmus und gezieltes Timing zu bekommen.

Das Metronom war früher ein mechanisches Gerät und sah ungefähr so aus:

Heute verwendet man hauptsächlich digitale Metronome, die in 1er-Schritten verstellbar sind, dafür gibt es diverse Apps für das Smartphone. (→Metronom als Smartphone-App.)

Ein Metronom produziert ein konstantes Tempo, indem es in regelmäßigen Zeitabständen Impulse („Klicks“) erzeugt, wobei die Zeitabstände durch Einstellen der Geschwindigkeit geändert werden können. Deshalb spricht man heutzutage bei Metronomen von BPM, das ist eine Abkürzung von Beats Per Minute, zu gut Deutsch: Schläge pro Minute. Wenn das Metronom zb. auf das Tempo 60 eingestellt ist, „schlägt“ es genau 60 mal die Minute, das würde einer Sekunde entsprechen. Die Angabe könnte dann lauten: BPM = 60. Damit würde man also die Geschwindigkeit, zb. für einen Song, festlegen. Ungefähr so klingt dann ein Metronom in Tempo 60:

 

Damit haben wir also einen künstlich erzeugten, durchgehenden Puls, mit dem wir uns erarbeiten können, wie man in der Musik einen bestimmten Rhythmus in einem definierten Tempo spielt.

Als nächstes sollten wir uns mit den charakteristischen Merkmalen von Tönen oder Sounds beschäftigen, die man auf einem Instrument – zb. Gitarre oder Bass – erzeugt, um zu verstehen, wie man diese Töne im Bezug auf Rhythmus anwendet.

Töne haben einen Anfangs- und Endpunkt

Wenn man Rhythmus und Timing verstehen und anwenden möchte, muss man sich folgendes klar machen: Jeder Ton oder Sound wird zu einem bestimmten Zeitpunkt gespielt (Anfang des Tons) und hat dann eine bestimmte Länge bis er von selbst aufhört oder man den Ton stoppt (Ende des Tons). Also fängt der Ton einer Gitarre (oder Bass) beispielsweise bei X an und hört bei Y auf. Dabei können die Töne unterschiedlich lang oder kurz klingen.

Im folgenden Beispiel habe ich einen langen Gitarrenton (Ton 1) und einen kurzen Gitarrenton (Ton 2) direkt hintereinander aufgenommen. An der Wellenformdarstellung der Aufnahme kann man gut die genannten Parameter (Anfang, Dauer und Ende des Tons) erkennen:

 

Ein konkreter Rhythmus entsteht dann durch die Anordnung mehrerer Töne hintereinander. Im folgenden Beispiel habe ich einen langen und zwei kurze Töne mehrmals wiederholt:

 

Außerdem spielen die Pausen zwischen den Tönen eine wichtige Rolle, hier habe ich einen langen Ton, einen kurzen Ton und eine Pause kombiniert:

 

Wichtig ist, dass in der Musik die Töne (oder Sounds) fast immer in einer festen, genau geplanten zeitlichen Anordnung gespielt werden, also eine (mehr oder weniger) regelmäßige Anfangs- und Endzeit haben; das gilt auch für den Abstand zwischen den Tönen, also den Pausen. Dann spricht man von einem Rhythmus im Sinne der Musik. Das kann man natürlich soweit lockern, bis eine Musik kein erkennbares rhythmisches Metrum mehr hat, aber dieses Thema soll uns hier nicht interessieren. Höre zum Vergleich nochmal die Soundbeispiele 3 und 4 weiter oben. (Percussion-Rhythmus mit oder ohne durchgehendem Puls).

Bei diesem Thema spielen auch besondere Eigenschaften der unterschiedlichen Instrumente eine Rolle. So kann man bei Blasinstrumenten den Ton so lange halten, wie man Luft hat (bei einem Keyboard solange man Strom hat) – bei einer Gitarre, einem Bass oder einem Klavier aber nicht. Bei einem Percussion-Instrument zählt hauptsächlich der Moment der Tonerzeugung; der perkussive Sound, der dann entsteht, endet meistens von selbst da er eher kurz ist, zb. bei einem Schlagzeug (davon gibt es aber einige Ausnahmen). Diese Eigenarten muss man grundsätzlich berücksichtigen. Die Länge des Tons hat bei einer Gitarre (oder Bass) also natürliche Grenzen, die vom Instrument abhängen, bei einem Saxophon oder wenn man singt, hängt es von der Atmung ab. Und selbstverständlich kann man den Ton auch willentlich beenden, was in der Regel der Fall ist, wenn man gezielt einen Rhythmus spielt – wie in den vorhergehenden Beispielen.

Im nächsten Schritt muss es darum gehen, Rhythmus zu definieren und – am besten schriftlich – festzuhalten. Dann können wir damit gezielter arbeiten.

Rhythmus in der Notenschrift

Töne sollen also einen klar definierten Startpunkt, eine genaue Länge und einen Endpunkt haben. Hier kommt die Notenschrift ins Spiel – damit kann man Töne exakt notieren, und zwar nicht nur die Tonhöhe sondern eben auch die Tonlänge, die man den „Notenwert“ nennt. Selbst wenn man kein „Notist“ ist, sprich: keine Noten lesen kann, sind die Tonwert-Bezeichnungen wichtig wenn man Rhythmus verstehen und damit erarbeiten möchte.

Die Notenschrift funktioniert grundsätzlich so, dass auf einer Zeitlinie von Links nach Rechts (also horizontal) die Töne in definierten Tonlängen – mit genauem Anfangs- und Endpunkt – notiert werden. Vertikal wird die Tonhöhe dargestellt und zwar so, dass unten die tieferen, oben die höheren Töne notiert sind:

Da uns hier ausschließlich der Rhythmus interessieren soll, die Tonhöhe also für unsere Zwecke nicht relevant ist, verwende ich der Einfachheit halber zunächst nur eine einzige Notenlinie als Rhythmische Zeitlinie.

Es folgen einige grundlegende Notenwerte bzw. Notentypen, jeweils mit einem Hörbeispiel, und zwar einem Gitarrenton der zu einem Metronomklick gespielt wurde. Das Metronom in den Soundbeispielen ist auf BPM = 60 gestellt. Unterhalb der Noten habe ich mit ^ die Stellen markiert, wo das Metronom zu hören ist.

1.) Notenname: Viertelnote = 1 Ton pro Metronomklick. Die Viertelnote würde ich – rhythmisch gesehen – als „Basis“-Note bezeichnen, da sie dem besprochenen Puls entspricht und daher im folgenden Beispiel mit dem Metronomschlag genau zusammenfällt:

 

2.) Notenname: Achtelnote = 2 Töne pro Metronomklick. Bei Achtelnoten spricht man von einem „Binären“ Rhythmus, da zwei Töne pro Metronomklick gespielt werden. Dieser Rhythmus würde zb. dem bereits genannten rhythmischen Gang auf der Straße entsprechen:

 

3.) Notenname: Sechzehntelnote = 4 Töne pro Metronomklick. Bei Sechzehntelnoten handelt es sich wieder um einen Binären Rhythmus, diesmal mit 4 Tönen pro Metronomklick:

 

4.) Notenname= Achtel-Triolen = 3 Töne pro Metronomklick. Die Achtel-Triolen sind ein Beispiel für „Ternäre“ Rhythmen, man spielt also 3 Töne pro Metronomklick, was ein ganz anderes Spielgefühl ergibt:

 

Bei diesen Beispielen handelt es sich nur um die grundlegenden Notenwerte, es gibt noch sehr viel mehr, aber das soll hier ja keine vollständige Notenlehre werden.

Als nächsten Schritt wollen wir jetzt klären, wie man diese Rhythmusversionen zum Metronom spielt und wie man sie zählt.

Die Grund-Rhythmen richtig zählen und zum Metronom spielen

Um das Ganze jetzt auch in die Praxis umzusetzen, muss ein Metronom her. Entweder eine App (→Metronom als Smartphone-App) oder die Metronomklick-Aufnahme von mir (oben auf dieser Seite) verwenden. Auf jeden Fall sollte das Metronom zunächst auf Tempo 60 gestellt sein und zwar auf einen 1/4-Wert, also auf eine Viertelnote. (Man kann mit Metronom-Apps auch Achtel, Triolen, Betonungen usw. einstellen, aber ich verwende für Rhythmusübungen grundsätzlich den Viertel-Klick als einfaches Bezugssystem).

Als Übung zum Metronom würde ich erstmal nur einen Ton verwenden, zb. eine leere Saite (die E- oder A-Saite) oder den Ton C. Zum Vergleich können die Soundbeispiele angehört und dabei laut mitgezählt und dann mitgespielt werden.

a.) Viertel spielen: das ist am einfachsten. Das Metronom auf T. 60 stellen und genau auf jeden Klick spielen.

 

b.) Achtel spielen, also 2 Töne pro Klick. Hier kann es hilfreich und klärend sein, den Rhythmus erstmal laut zu zählen: „1 – und – 1 – und“ usw., wobei die 1 immer auf dem Metronomklick sein muss:

 

c.) Achtel-Triolen spielen, also 3 Töne pro Klick. Hier kann man wie folgt zählen: „1-2-3, 1-2-3“ usw. Die 1 muss dann immer auf dem Klick sein. Die Triolen fallen meinen Schülern am Anfang oft schwer. Dann hilft es, sich eine korrekt gespielte Aufnahme anzuhören und mitzuspielen.

 

c.) Sechzehntel spielen, also 4 Töne pro Klick. Zähle: „1-2-3-4, 1-2-3-4, 1-2-3-4“ usw.

 

Zum Üben würde ich empfehlen, diese Grundrhythmen auch mal in einem anderen Tempo zu spielen, also das Metronom zb. auf 50 oder 80 zu stellen. Außerdem auf allen Saiten üben und evtl. auch mal mit einer Tonleiter verbinden, zb. die Dur-Tonleiter oder die Pentatonik in Achteln spielen, in Triolen etc.

Als fortgeschrittene Übung können die Notenwerte bzw. die Grund-Rhythmen aber auch gemischt werden:

1.) Viertel mit Achteln im Wechsel

2.) Achtel mit Sechzehntel im Wechsel

3.) Viertel mit Achtel-Triolen im Wechsel

Weitere Kombinationsmöglichkeiten wären zb. Achtel mit Achtel-Triolen oder Sechzehntel mit Achtel-Triolen. Der Wechsel zwischen Binären und Ternären Rhythmen ist aber eine ziemliche Herausforderung für Anfänger!

 

Rhythmusbeispiel im Notensystem notiert

Zum Schluss noch ein Rhythmusbeispiel (Viertel mit Achtel im Wechsel, siehe oben), diesmal allerdings korrekt im Notensystem aufgeschrieben.

So sieht die Wellenformdarstellung der Gitarrentöne aus, wenn sie – wie notiert – gespielt und aufgenommen wurden:

Und so klingt das Ganze dann – zum Metronomklick (der in den Noten markiert ist) aufgenommen:

 

Rhythmus ist ein sehr komplexes Thema.  Hier ging es mir nur um die grundlegenden Zusammenhänge und darum, wie man als Anfänger in der Musik eine Chance hat, diesen musikalischen Teilbereich zu verstehen und zu erlernen.

Ich mache mit meinen Schülern – und das empfehle ich jedem angehenden Musiker – regelmäßig Übungen zum Metronom: das führt zu einem grundsätzlichen Verständnis für Rhythmus, schult das Gehör und verbessert auf Dauer das „Rhythmusgefühl“.

Als Ergänzung zu diesem Beitrag siehe auch: →Die Rhythmuspyramide