Die Kirchentonleitern (Modale Skalen)

INHALT: →Einleitung →Die Ionische Skala →Die Dorische Skala →Aufbau der 7 Stufen →Intervalle aller Kirchentonleitern →Ionisch u. Dorisch in Noten/ Tabulatur →Griffmustervergleich 

Einleitung

Musiktheorie: Aufbau und Theorie der Kirchentonleitern (Modale Skalen), erklärt und dargestellt in Grafik und Noten für Gitarre und Bass

Dieser Beitrag setzt grundsätzliche Kenntnisse über Tonleitern und Intervalle voraus, hierfür empfehle ich meine Einführung zum Thema →Tonleitern und meinen Beitrag über →Intervalle zu lesen.

Die sogenannten Kirchentonleitern, oder auch: Modale Skalen bzw. Modale Tonleitern, gehören in der Popularmusik und im Jazz zu den grundlegenden Tonleitern neben der Pentatonik/ Bluestonleiter. Sie bestehen aus 7 Tonleitern bzw. Stufen. Das zugrunde liegende theoretische System soll hier erklärt werden. Diese Tonleitern werden auch als „Klassische Diatonische Tonleitern“ bezeichnet, vor allem in der Klassischen Musik. Die übliche Bezeichnung im Rock/ Pop und Jazz lautet aber Kirchentonleitern bzw. Modale Skalen.

Die Ionische Skala

Die erste dieser Tonleitern, die Ionische Tonleiter, ist meistens schon bekannt als „Die Dur-Tonleiter“. Da es aber viele Dur-Tonleitern gibt (jede Tonleiter mit einer Durterz ist eine Dur-Tonleiter), ist das ein zu ungenauer Begriff: der exakte Begriff wäre also: Ionisch. Da man die 7 Stufen (bzw. die 7 Tonleitern) von der ersten Tonleiter herleitet, sollte man zunächst diese Tonleiter verstehen.

Die I. Stufe (bzw. der erste Modus) der Kirchentonleitern, die Ionische Tonleiter, besteht aus 7 Tönen.

Als Beispiel für die folgenden Erläuterungen fangen wir bei Ionisch mit dem Grundton C an. Das ist deshalb sinnvoll, weil die C-Dur Tonleiter (also Ionisch) nur aus den sogenannten „Stammtönen“ besteht, das sind auf einer Klaviertastatur die weißen Tasten. Grundsätzlich kann die Ionische Tonleiter aber auf jedem Ton beginnen.

In der folgenden Grafik habe ich die Töne der C-Dur Tonleiter notiert und die Tonabstände markiert. G = Ganztonabstand (bzw. Ganztonschritt), H = Halbtonabstand (bzw. Halbtonschritt). Ein Ganztonabstand entspricht zwei Halbtonabständen. Auf Gitarre oder Bass wäre der Ganztonabstand also der Abstand zb. vom 3. zum 5. Bund, der Halbtonabstand aber nur vom 3. zum 4. Bund.

Ionisch: Aufbau der Tonleiter in Ganzton- und Halbtonabständen

Die Halbtonabstände befinden sich also zwischen dem 3. und 4., ausserdem zwischen dem 7. und 8. Ton. Es ergibt sich eine Tonleiter mit Durterz und großer Septime (bezogen auf den Grundton C). Dieser Aufbau ist das charakteristische Merkmal der Ionischen Tonleiter.

Die 7 Stufen der Kirchentonleiter werden dann von dieser Tonleiter abgeleitet, weshalb man auch vom „Ionischen System“ sprechen kann.

Die Dorische Skala

Die I. Stufe ist also die Ionische Tonleiter. Die II. Stufe, die man Dorisch nennt, besteht aus denselben Tönen wie die C-Dur Tonleiter, nur dass man jetzt den zweiten Ton, also das D, als Grundton definiert. Ausgehend von diesem Grundton entsteht eine neue Struktur, da sich die Halbtöne verschoben haben (man vergleiche die beiden Tonleitern!):

Dorisch: Die II. Stufe der Kirchentonleitern

Bei Dorisch befinden sich die Halbtonabstände jetzt zwischen dem 2. und 3., ausserdem zwischen dem 6. und 7. Ton.

Dadurch ergibt sich eine Tonleiter mit Mollterz und kleiner Septime, bezogen auf den neuen Grundton D. Also eine Tonleiter, die sich von der Ionischen Tonleiter deutlich unterscheidet, obwohl sie aus dem gleichen Tonmaterial besteht. Das ist ein sehr wichtiger Punkt – der allerdings verwirrend sein kann: man verwendet zwar das gleiche Tonmaterial, die Struktur und Bezeichnung der einzelnen Tonleiter ergibt sich aber immer bezogen auf den Grundton. Und der ist bei Ionisch das C, bei Dorisch aber das D, immer vorausgesetzt wir befinden uns in der Tonart C-Dur.

Aufbau der 7 Stufen bzw. Modi

Nach dieser Methode kann man nun insgesamt 7 Tonleitern in Stufen bzw. Modi bilden, wie in der folgenden Grafik dargestellt (die Ganzton- und Halbtonabstände habe ich, wie in den vorherigen Grafikbildern, markiert)

Es ergeben sich 7 Skalen mit unterschiedlicher Struktur, weil man jeweils einen anderen Grundton bestimmt und sich die Halbtonabstände bei jeder Tonleiter – im Bezug auf deren Grundton! – verschoben haben. Die Halbtonabstände habe ich als H/C bzw. E/F markiert:

Alle Kirchentonleitern in der Tonart C
Stufe Start- und Endton Bezeichnung Besteht aus den Tönen:
I. C bis C Ionisch C, D, E/F, G, A, H/C
II. D bis D Dorisch D, E/F, G, A, H/C, D
III. E bis E Phrygisch E/F, G, A, H/C, D, E
IV. F bis F Lydisch F, G, A, H/C, D, E/F
V. G bis G Mixolydisch G, A, H/C, D, E/F, G
VI. A bis A Äolisch A, H/C, D, E/F, G, A
VII. H bis H Lokrisch H/C, D, E/F, G, A, H

Hier eine weitere Tabelle, diesmal mit den Ganz- und Halbtonabständen (gilt für alle Tonarten):

Alle Kirchentonleitern (Ganzton-Halbtonabstände, als G-H notiert)
Stufe Bezeichnung Ganzton-Halbton
I. Ionisch G-G-H-G-G-G-H
II. Dorisch G-H-G-G-G-H-G
III. Phrygisch H-G-G-G-H-G-G
IV. Lydisch G-G-G-H-G-G-H
V. Mixolydisch G-G-H-G-G-H-G
VI. Äolisch G-H-G-G-H-G-G
VII. Lokrisch H-G-G-H-G-G-G

Intervalle aller Kirchentonleitern

Wenn man die Tonleitern in Intervallen betrachtet, besteht die Ionische Skala aus: Grundton, große Sekunde, Durterz, Quarte, Quinte, große Sexte, große Septime, Oktave. Die Dorische Tonleiter besteht aber aus: Grundton, große Sekunde, Mollterz, Quarte, Quinte, große Sexte, kleine Septime, Oktave. Die Unterschiede habe ich unterstrichen. (Den Grundton müsste man eigentlich als „Prime“ bezeichnen, zum besseren Verständnis nenne ich ihn lieber Grundton).

Es folgt eine Tabelle mit den Intervallen aller Kirchentonleitern.

Die Kirchentonleitern (Modale Skalen) und ihre Intervalle

Hinweis: In der Spalte für den Grundton habe ich eine 1 notiert, weil es sich um den Ausgangston, also den ersten Ton, handelt. Streng genommen müsste hier eine Null stehen für die Prime, die ich, wie bereits erwähnt, zum besseren Verständnis als „Grundton“ bezeichne. Probleme mit den Intervallbezeichnungen? Vergleiche hierzu auch meine Erläuterungen zum Thema Intervalle: →Intervalltabelle

In diesem Beispiel verwende ich als Beispiel das Tonmaterial von C-Dur. Man kann die 7 Stufen der Kirchentonleiter aber auch aus allen anderen Tonarten bilden, zb. aus G-Dur. Dann wäre die I. Stufe G Ionisch, die II. Stufe A Dorisch usw. Bei G Ionisch hätte man anstelle des F ein Fis, Ionisch würde also aus den Tönen G, A, H, C, D, E, Fis, G bestehen und Dorisch aus den Tönen A, H, C, D, E, Fis, G, A usw. Das gleiche Prinzip gilt dann auch für alle anderen Tonarten, also D-Dur, E-Dur, F-Dur, Es-Dur usw. von denen man jeweils wiederum die 7 Stufen der Kirchentonleitern ableiten kann.

Ionisch und Dorisch in Noten/ Tabulatur für Gitarre und Bass

Um die Theorie jetzt in Klang umzusetzen, folgen nun – zum selbst Spielen und anhören auf Gitarre oder Bass – die Tonleitern C Ionisch (Ionisch = I. Stufe) und D Dorisch (Dorisch = II. Stufe) als Noten und Tabulatur für Gitarre und Bass. Die Stellen mit Halbtonabstand habe ich mit einem Rahmen markiert, man Vergleiche die Verschiebung der Halbtonabstände von Ionisch zu Dorisch. Damit man den klanglichen Unterschied der beiden Skalen deutlich hören kann, empfehle ich, den jeweiligen Grundton (also hier den ersten Ton) etwas länger klingen zu lassen und dann erst die ganze Tonleiter zu spielen.

Die I. Stufe Ionisch der Kirchentonleitern (Modale Skalen) für Gitarre und Bass

 

Die II. Stufe Dorisch der Kirchentonleitern (Modale Skalen) für Gitarre und Bass

Griffmustervergleich

Zum Schluss möchte ich noch Ionisch und Dorisch als Griffmuster in derselben Lage (3. Bund) vergleichen, jeweils getrennt für Gitarre und Bass. Dabei handelt es sich diesmal um die Tonart F-Dur.

Es geht mir darum, dass es wichtig ist zu verstehen, dass auf den Saiteninstrumenten – in einer Lage – oft das gleiche Griffmuster für unterschiedliche Tonleitern verwendet wird. Hier sind zb. beide Griffmuster identisch, da aber der Grundton woanders ist (mit einem Kästchen markiert) ergibt sich eine andere Kirchentonleiter. Der Grundton befindet sich also jeweils an einer anderen Stelle des Griffmusters (und auf einer anderen Saite) – das ist dann aber auch der einzige Unterschied.

1.) Gitarre: F Ionisch im Vergleich mit G Dorisch

  • Das Griffmuster von F Ionisch am 3. Bund, Grundton auf der D-Saite:

  • Das Griffmuster von G Dorisch am 3. Bund, Grundton auf der E-Saite:

 

2.) Bass: F Ionisch im Vergleich mit G Dorisch

  • Das Griffmuster von F Ionisch am 3. Bund, Grundton auf der D-Saite:

  • Das Griffmuster von G Dorisch am 3. Bund, Grundton auf der E-Saite:

 

Bei diesem Vergleich geht es mir darum, nochmal – aus einer anderen Perspektive – die Tatsache zu verdeutlichen, dass es sich bei den Kirchentonleitern immer um das gleiche Tonmaterial  in ein und derselben Tonart handelt – hier in F, bei den Beispielen davor in C – die verschiedenen Stufen sich aber daraus ergeben, dass man den Grundton auf eine andere Stelle innerhalb der Ausgangstonleiter (Ionisch) verschoben hat.


Hinweis: Ich verwende hier die deutsche Bezeichung für den Ton H – anstatt der internationalen Schreibweise B

Die Griffmuster sämtlicher Kirchentonleitern für Gitarre und Bass könne →HIER angesehen und runtergeladen werden.